„Monuments Woman“ – Edith A. Standen

Wir sprechen heute von „Monuments Men“, wenn wir die Kunstschutzoffiziere des Zweiten Weltkriegs meinen, aber es waren nicht nur Männer, die in dieser Spezialeinheit tätig waren. Auch zahlreiche Frauen halfen der Armee und der Militärregierung, europäische Kulturschätze zu bergen, sicherzustellen und an ihre rechtmäßigen Eigentümer zurückzugeben. Eine davon war Edith Standen.
Edith Appleton Standen, geboren 1905 in Nova Scotia (Kanada) und in England und Irland aufgewachsen, erhielt ihre akademische Ausbildung in Oxford, wo sie im Jahr 1926 ihren Bachelor-Abschluss in Englisch mit Auszeichnung machte. Zwei Jahre später immigrierte sie in die USA, wo sie eine Tätigkeit für die Society for the Preservation of New England Antiquities aufnahm, deren Gründer ihr Onkel war. Sie absolvierte den Kurs in Museumskunde bei Paul Sachs am Fogg Art Museum (Harvard) und war von 1929 bis 1942 als Sekretärin der Widener Collection in Elkins Park, Pennsylvania tätig, deren Übersiedlung in die National Gallery of Art, Washington D.C., sie nach der Stiftung der Sammlung betreute. Standen erhielt die amerikanische Staatsbürgerschaft im Jahr 1942 und trat dem Women’s Army Corps (WAC) bei. Aufgrund ihrer Ausbildung bei Paul Sachs wurde sie der MFA&A zugeteilt und kam im Juni 1945 nach Deutschland. Standen gehörte als Kunstschutzoffizierin zu den Unterzeichnern des Wiesbadener Manifests. Im Vorfeld war sie jedoch – widerwillig – an der Auswahl der abzutransportierenden Kunstwerke beteiligt: Sie erstellte eine Liste der 15 wertvollsten Kunstwerke in den CCPs Wiesbaden und Marburg, die zum Abtransport vorgesehen werden könnten
„(…) listed only things I saw with my own eyes, gave them fifteen paintings, … all belonging to museum outside our zone. I rather hated doing it, Bancel [LaFarge] and Charles Kuhn take the line that supplying information is not actually supplying an infamous policy, so I go along.“ (Schreiben von Edith Standen, vom 28.10.1945 an John Nicolas Brown)
Im März 1946 übernahm sie von Walter Farmer die Leitung des Wiesbadener CCPs.

Während ihrer kurzen Amtszeit als die zweite Direktorin im Wiesbadener CCP war sie an zwei Ausstellungen beteiligt (II und III). Auch während der ersten Ausstellung war Standen bereits in Wiesbaden zugegen – welchen Anteil sie an deren Gestaltung hatte, ist nicht bekannt. Darüber hinaus war sie auch an der Vorbereitung für Ausstellung IV (Bilder zur Weihnacht) beteiligt, für deren Katalog sie die Einleitung verfasste. Während der Laufzeit war sie allerdings nicht mehr im WCCP tätig. Leider sind keine Beschreibungen ihrer Ausstellungskonzeptionen überliefert, die ihre Gedankengänge bei der Auswahl der Exponate mitteilen würden. Die Ausstellungskataloge sind zur Analyse von Standens Konzeption ebenso wenig hilfreich: für die zweite Ausstellung wurde kein Katalog herausgegeben, für die dritte Ausstellung stammte die Einleitung von MFA&A-Chef Heinrich. Für die vierte Ausstellung, bei deren Laufzeit sie schon nicht mehr in Wiesbaden war, hat sie das knappe Vorwort verfasst. Bekannt ist von Standen jedoch ein Artikel in der DU aus dem Jahre 1946, in dem sie auch die zweite Ausstellung erwähnt.
Sie setzte sich in den folgenden Jahren intensiv mit den unterschiedlichen Ausstellungen der Besatzer und den Problemstellungen beim Wiederaufbau der deutschen Museumslandschaft nach dem Zweiten Weltkrieg auseinander. Edith Standen sah die amerikanischen Besatzer als besonders in der Lage, das Re-Education-Konzept auch im Kunstbereich umzusetzen:
„In the art field, America has much to offer, from new conceptions of town-planning to the development of the museums as a community asset. Every step taken which tends to re-open the closed German mind, to make the German once more a European, a citizen of the world, is a contribution to world peace. Such activities as the joint German-American exhibitions at the Wiesbaden Collecting Point are potent weapons in the long struggle for the rebuilding and re-orientation of Germany.“ (Standen (1947/48): Report on Germany, S. 212f.)
Dabei schätzte sie die amerikanischen Chancen, im Kunstsektor amerikanische Kulturvorstellungen zu vermitteln, als verschenkt an, wohingegen etwa die Amerika-Häuser großen Erfolg gehabt haben. Standen betonte darüber hinaus in einem 1947 erschienenen Artikel, dass die Aufgabenstellung der MFA&A zu vielschichtig gewesen sei, um sich auf den Aufbau der Museumslandschaft fokussieren zu können.
Während ihres Direktorats wurde die Inventarisierung und Restitution der CCP-Bestände an andere Länder fortgesetzt. In ihre Amtszeit fiel auch die Implementierung des Militärgesetzes No. 52 (April 1946), das es erforderlich machte, dass die Deutschen ihre Kunstgegenstände anzeigen und eventuelle Raubkunst zurückgeben mussten, die vom Ausland zurückgefordert wurden.
Sie wurde beurlaubt vom 20.12.1946 bis zum 03.01.1947 , kehrte danach aber nicht nach Wiesbaden zurück , sondern wurde nach Stuttgart versetzt. In Stuttgart war Standen ab Februar 1947 als Captain der MFA&A-Abteilung der ECRD (Education and Cultural Relations Division) des Office of Military Government for Wuerttemberg-Baden (OMGWB) zuständig für die Bearbeitung von Meldungen über Gegenstände, die Deutsche aus von deutschen Truppen besetzten Gebieten mitgebracht hatten.
Am 30. August 1947 kehrte Standen wieder in die USA zurück. Dort wurde sie Associate Curator am New Yorker Metropolitan Museum of Art unter den Direktoren Francis Henry Taylor und James Rorimer. Ihr wurde das Fachgebiet Textilien zugeteilt, obwohl sie keine ausgewiesene Expertise in diesem Bereich hatte und diese Aufgabe auch zunächst ablehnte. Während ihrer Tätigkeit von 1949 bis zum Jahr 1970 konnte sie sich jedoch enormes Fachwissen im Textilbereich aneignen und veröffentlichte zahlreiche Publikationen zu diesem Thema. Auch nach ihrer Pensionierung stand sie dem Museum noch bis 1988 als Beraterin zu Verfügung. Sie blieb unverheiratet und starb 1998.
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