Monuments Men in Marburg
Auf diesem Blog habe ich schon viel über die Kunstschutzoffiziere nach dem Zweiten Weltkrieg geschrieben, die unter anderem in meiner Heimatstadt Wiesbaden einen Central Collecting Point eingerichtet haben, eine zentrale Sammelstelle für Kulturgüter, die man an unterschiedlichen Auslagerungsstätten aufgefunden hatte. In diese Collecting Points wollte die Kunstwerke bergen und zusammenführen, ganz im Sinne des Kulturgüterschutz im Falle eines bewaffneten Konflikts. Wichtig war aber auch die Sichtung des vermuteten Raub- und Beutekunst der Nationalsozialisten, um diese Kunstwerke wieder an ihre rechtmäßigen Eigentümer zurück geben. Einen solchen CCP hat es neben Wiesbaden (und einigen anderen Orten in Deutschland) auch im benachbarten Marburg gegeben. Dies konnte ich bereits vor einigen Jahren einmal mit meinen Studenten der Uni Gießen besichtigen.
Anders als von den Alliierten vermutet, versammelten sich in Wiesbaden wie auch im Marburger Collecting Point aber weniger geraubte Kunstwerke als vielmehr die Kulturgüter, die ursprünglich aus deutschen öffentlichen oder privaten Sammlungen sowie aus Kirchenbesitz stammten und kriegsbedingt aus den Städten an sichere „Repositories“ gebracht wurden: Entlegene Schlösser und Herrenhäuser, unterirdische Bunker, Salzminen und Bergwerke.
In Marburg wurde es das Gebäude des heutigen Staatsarchiv, das von den Monuments Men für die Sammelstelle auserkoren wurde. Federführend in diesem CCP wurde der Bildhauer Walker Hancock zusammen mit Francis Bilodeau (der später die Direktorenposition im CCP Wiesbaden übernehmen sollte). Der Marburger ist insofern besonders spannend, als hier auf die Mitarbeit der Kunsthistoriker und Fotografen vor Ort im Bildarchiv Marburg für die Katalogisierung zurückgegriffen werden konnte. Für die Arbeit der Monuments Men ungemein wichtig, aus heutiger Sicht sind darüber hinaus unschätzbare Zeitzeugnisse, nicht nur der eingelagerten Kunstwerke, sondern auch der Arbeit der Kunstschutzoffiziere und ihrer deutschen Mitarbeiter entstanden. Dies gibt uns einen hervorragenden Einblick in diese wertvolle Arbeit für den kulturellen Wiederaufbau des Landes.
Diese Bilder und viele Quellen sind nun Gegenstand einer von Dr. des. Marco Rasch kuratierten Ausstellung im Staatsarchiv Marburg, die corona-bedingt im Moment nur virtuell besichtigt werden kann.
Zum einen finden Sie die Ausstellung hier zusammengestellt
Einige Videos führen durch die Ausstellung bzw. geben einen Einblick in die Ausstellungseröffnung.
Darüber hinaus gibt es auch eine Publikation zu dieser Ausstellung, zu der ich auch einen kleinen Beitrag geleistet habe.
Marco Rasch: Das Marburger Staatsarchiv als Central Collecting Point mit Beiträgen von Tanja Bernsau, Susanne Dörler, Sonja Feßel, Iris Lauterbach und Katrin Marx-Jaskulski, Marburg 2021, 10,– €. Erhältlich im Staatsarchiv Marburg bzw. Bestellungen bitte an: marburg@hla.hessen.de