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Eine Arche Noah für die Kunst – Der CCP München

Buchtipp

Nach mehreren Vorläufern als Artikel ist nun im Juli endlich die ganze Publikation von Iris Lauterbach zum Münchner Central Collecting Point erschienen. Die Forschungen dazu gehen zurück bis ins Jahr 1995. Die Münchner Sammelstelle, neben den Collecting Points in Wiesbaden, Marburg und Offenbach eine Einrichtung der Monuments Men, war nach dem Zweiten Weltkrieg wesentlicher Lagerplatz für die Raub- und Beutekunst der Nationalsozialisten, allen voran der Sammlung Hitlers für das geplante Führermuseum in Linz oder die Göringsche Sammlung.

Die „heroische Verwaltungsarbeit“, die die Kunstschutzoffiziere (ironischerweise in den Räumen des ehemaligen NSDAP-Verwaltungsbaus) vollbrachten, sei noch wertvoller als die dramatische Rettungsaktionen der Monuments Men, die George Clooney im gleichnamigen Film inszenierte. Lauterbach hat für ihre Forschungen auf umfangreiches Quellenmaterial zurückgegriffen: auf die Archivmaterialien aus Washington und des Bundesarchivs Koblenz, aber auch auf zahlreiche Nachlässe der in Bayern tätigen Kunstschutzoffiziere, wie Edward E. Adams, S. Lane Faison jr., Parker Lesley jr., James J. Rorimer, Craig Hugh Smyth, Edith A. Standen, Edwin C. Rae und Stefan P. Munsing. Da diese Auswahl jedoch nicht vollständig ist – sicher auch nicht sein kann – verzichtete sie auf ein Quellenverzeichnis.

Lauterbach schildert die Abläufe der inneren (z.B. an jüdische Geschädigte aus Deutschland) und äußeren (an andere Länder) Restitution detailliert. Dabei können natürlich nicht alle Fälle durchdekliniert werden, aber anhand einzelner Beispiele, wie etwa die Sammlung Gurlitt, wird das Procedere nachvollziehbar. Drei Seiten widmet die Autorin dem Umgang mit Kunstwerken der „Großen Deutschen Kunstausstellung“ und der „German War Art Collection“: Die Direktive Nr. 30 des Alliierten Kontrollrats hatte das Ziel der „Beseitigung deutscher Denkmäler und Museen militärischen und nationalsozialistischen Charakters“. In diesem Zusammenhang wurden bis Ende 1946 rund 10.000 Kunstwerke registriert, zum Teil im Frankfurter Städel ausgestellt und dann nach Amerika gebracht. 450 Werke davon sind noch heute im „US Army Center for Military History“ in Washington D.C. ausgestellt. Die restlichen Kunstwerke kamen bis 1986 nach Deutschland zurück und befinden sich im Deutschen Historischen Museum.

Danach kommt Lauterbach noch auf die Gründung des Zentralinstituts für Kunstgeschichte zu sprechen, das noch heute in dem Gebäude beheimatet ist, und auch auf die Übergabe des Central Collecting Points in deutsche Treuhandverwaltung. Abschließend steht noch ein Kapitel über das Amerika-Haus, das auf die Re-Education-Bemühungen der amerikanischen Besatzer aufmerksam machen soll. In der französische Besatzungszone waren Kunstausstellungen ein wesentlicher Bestandteil  der Besatzungsmacht: Durch das Ausstellungsprogramm mit französischer Kunst wurden die Bekanntheit und Akzeptanz der Moderne und der Abstraktion in Deutschland wesentlich unterstützt. Die Amerikaner wollten da nicht nachstehen. Im November 1947 konstatiert Edith Standen, dass die Bildenden Künste (wie auch Theater und Musik) bedeutend seien, um den Nationalsozialismus zu überwinden. Die Kulturpolitik in Bayern 1948-1952 prägte ganz wesentlich CCP-Direktor Stefan P. Munsing, nach der Schließung des Collecting Points weiterhin Direktor des Amerika-Hauses. Er veranstaltete viele Ausstellungen im Amerika-Haus, aber auch im CCP und anderen Münchner Museen und förderte vor allem deutsche zeitgenössische Malerei und gegenstandslose Kunst.

Die Publikation zeichnet sich auch durch umfangreiches Fotomaterial aus, das einen wunderbaren Einblick in die damalige Zeit gibt und auch den Personen, die mit der Mammutaufgabe Restitution betraut waren, ein Gesicht zu geben vermag.

Lauterbach, Iris: Der Central Collecting Point in München. Kunstschutz, Restitution, Neubeginn

2015. 184 S., zahlr. farb. Abb., Kt.,
DEUTSCHER KUNSTVERLAG
ISBN-13: 978-3422073081

 

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