Die Kunsthistorikerin Elisabeth Adelsberger wurde am 11. April 1890 in Wien geboren. Sie studierte Kunstgeschichte in Wien, München und Frankfurt, dazu Museumskunde im Historischen Museum Frankfurt und in Wiesbaden. Seit Ende 1924 betrieb sie eine Kunsthandlung in ihrer Wohnung in der Wiesbadener Taunusstr. 28 und war Mitglied der Antiquitätenkammer München sowie des Deutschen Verbands der Antiquariatsbuchhändler Leipzig.
Mit der nationalsozialistischen Machtergreifung wird ihr Geschäft stillgelegt, da sie keiner NS-Kulturkammer beitreten wollte. So gibt es Adelsberger zumindest 1947 in ihrem Antrag auf Erhaltung der Lizenz für Kunsthändler an. 1942 haben sie jedoch in beschränktem Umfang ihre Tätigkeit wieder aufgenommen, so der Antrag.
Weiterhin gibt sie an, dass sei seit der Gründung der Demokratischen Partner 1918 Mitglied und von 1925-1933 sogar im Vorstand gewesen ist. Adelsberger erwähnt weiterhin eine einjährige Gefängnisstrafe der Gestapo wegen Zugehörigkeit zur Widerstandsbewegung (1934) sowie 1944 eine Verurteilung wegen Sympathien für die Alliierten. In selbigem Antrag bestätigt Adelsberger, dass sie niemals Gegenstände aus jüdischem Besitz gekauft oder Gegenstände aus den von Deutschen besetzten Gebieten erworben hatte.
„Ich war seit der Gründung der Demokratischen Partei 1918 deren Mitglied und seit 1925-1933 im Vorstand dieser Partei. 1934 war ich wegen Zugehörigkeit zur Widerstandsbewegung 1 Jahr im Gefängnis der Gestapo 1944 aus politischen Gründen (…). Ich habe niemals Gegenstände aus jüdischem Besitz gekauft, noch Gegenstände in ehemals besetzten Ländern erworben.“


Wiesbaden, Taunusstr. 28 heute
Die Lizenz zur Weiterführung ihres Kunstgeschäftsbetriebs wird ihr erteilt. In den Folgemonaten stattet sie regelmäßig Bericht über die höherpreisigen Verkäufe ab. Darin wird deutlich, dass es häufiger amerikanische Käufer sind, die Objekte bei Adelsberger erwerben. Ab Januar 1948 tragen diese Berichte einen kleinen angehefteten Zettel mit einer vorgedruckten Bestätigung:
„ich versichere hiermit an Eidesstatt, daß nachstehend aufgeführte Gegenstände nicht aus jüdischem oder ausländischem Besitz seit 1.1.1933 herrühren.“
Generell scheint Adelsberger die Kunstwerke überwiegend vermittelt bzw. „nur“ auf Kommissionsbasis angeboten zu haben und wenig eigenen Lagerbestand an Kunstgegenständen gehabt zu haben.
Elisabeth Adelsberger mag zum Kreis der politisch Verfolgten gehört haben. Das hielt sie jedoch nicht davon ab, Geschäfte mit den Nationalsozialisten zu machen. Im Bundesarchiv Koblenz findet sich Schriftwechsel über Angebote von Kunstgegenständen an den „Sonderbeauftragten des Führers“ Hermann Voss, der mit dem Aufbau der Kunstsammlung für das geplante Führermuseum in Linz beschäftigt war. Damals hatte sie ihren Geschäftsbetrieb im Wiesbadener Kaiser-Friedrich-Ring 68.
So bietet sie mit Schreiben vom 29.07.1944 zwei französische Aquarelle an (siehe Abbildung).
Einige der angebotenen Werke werden vom Sonderauftrag nicht angenommen. So findet sich im Frühjahr 1944 ein Schriftwechsel über das Angebot eines Werkes von Van Dyck, bei dem Zweifel an der Echtheit des Werkes geäußert werden. In diesem Zusammenhang bestätigt Adelsberger mit Schreiben vom 11.05.1944:
„Aber ich gestatte mir fortlaufend alle Angebote, die ich direkt von Besitzern oder indirekt durch Vermittlung erhalte, Ihnen zuerst anzubieten.“
Auch bemüht sich Adelsberger um die Vermittlung von Kontakten an den Sonderauftrag Linz. So empfiehlt sie mehrfach einen ihrer Kunden in Den Haag, Herrn W. P. W. Ross, Inhaber von Nepos (Nederl. Erste Postorder System), der seine Kunstsammlung zu verkaufen suchte.
Im Bundesarchiv Koblenz fanden sich auch mehrere Belege über tatsächlich abgewickelte Verkäufe Adelsbergers an den Sonderauftrag Linz. Das wohl teuerste Kunstwerk, dass sie anbot, war besagtes Werk von Van Dyck „Madonna, Hlg. Anna, Christus und Johannes“, von dem leider keine Abbildung überliefert ist. Dieses Werk bietet sie mit Schreiben vom 21.03.1944 zu einem Preis 405.000 RM an. Da die Echtheit angezweifelt wurde, kam hier ein Ankauf nicht zustande.
Die Angebotsschreiben Adelsbergers richten sich in der Regel an Hermann Voss, den sie möglicherweise noch aus seiner Zeit als Wiesbadener Museumsdirektor gekannt hat. Inwiefern ihr seine Doppelfunktion als Museumsdirektor von Wiesbaden und Sonderbeauftragter des Führers bewusst gewesen ist, lässt sich nicht sicher sagen. Die Antwortschreiben, Ankaufsbestätigungen wie auch die Zahlungsanweisungen der Reichskanzlei müssen ihr jedoch deutlich bewusst gemacht haben, dass sie Geschäfte mit den Nationalsozialisten gemacht hatte.
Quellen
- National Archives and Records Administration: „Antrag auf Erhaltung der Lizenz für Kunsthandlung“ an das Gewerbesteueramt der Stadt Wiesbaden vom 03.03.1947
- Branchenbuch der Stadt Wiesbaden (verzeichnet in den Jahrgängen 1948/1950)
- BA Koblenz:
- B323 129 „Ankäufe für den Sonderauftrag Linz aus deutschem und österreichischem Privatbesitz“
- B323 148 „Ankäufe aus dem Kunsthandel und von privat in Italien, Deutschland und Frankreich“
- B323 154 „Rechnungen über Ankäufe aus dem Kunsthandel und von privat in Deutschland und Österreich; Zahlungsanweisungen der Reichskanzlei“
- B323 166 „Schriftwechsel mit dem Beauftragten sowie dem Referenten für den Sonderauftrag Linz“
- B323 583 „Erwerbungen Martin Bormanns für den Sonderauftrag Linz und das Schloß Posen“