Der Lebensborn e.V. in Wiesbaden
Neue Recherchen für die Stadtteil-Historiker
Es ist wieder Zeit für ein neues Forschungsprojekt!
Und ich bin sehr glücklich und dankbar, dass ich dies im Rahmen der dritten Staffel der Wiesbadener Stadtteil-Historiker durchführen darf. Worum wird es diesmal gehen?
Auch dunkle Seiten der Stadt zeigen
Ich bin im „Bahnholz“ geboren – wie viele Wiesbadener Kinder der 1960er und 70er Jahre. Schon lange interessiert mich die wechselhafte Geschichte dieses Gebäudekomplexes, der heute als Altersheim betrieben wird. Das Forschungsprojekt für die Stadtteilhistoriker gibt mir nun die Gelegenheit, dieses Interesse mit meinem Forschungsschwerpunkt der NS- und Nachkriegszeit zu verbinden: Sowohl das Bahnholz als auch Schloss Freudenberg lassen sich mit dem Lebensborn e.V. in Verbindung bringen, der arischen „Zuchtstätte“ für den reinrassigen Nachwuchs. Welche Rolle die Wiesbadener Einrichtungen dabei gespielt haben, möchte ich gerne im Rahmen des Forschungsprojekts untersuchen.
Rückblickend betrachtet ist die Zeit des Nationalsozialismus verhältnismäßig kurz gewesen und doch haben die wenigen Jahre zwischen 1933 bis 1945 die deutsche Geschichte nachhaltig geprägt. Nicht nur der Zweite Weltkrieg, vor allem die NS-Rassenideologie haben damals über Deutschland gewütet und beschäftigen Forscher der Geschichte, Politik- und Rechtswissenschaften, Soziologen und viele mehr noch bis in die Gegenwart. Vieles ist bereits erforscht, vieles an verübten Grausamkeiten hat man versucht wiedergutzumachen. Aber auch heute, mehrere Generationen nach dem Ende des „Dritten Reichs“, gibt es noch dunkle Flecken in der Geschichte.
Auch Wiesbaden hat eine „braune Vergangenheit“. Auch hier gab es Enteignungen jüdischer Besitztümer, Vertreibungen und eine brennende Synagoge. Wir wissen von KZ-Außenlagern, kriegsgefangenen Arbeitern und „Säuberungen“ in der Lokalpolitik.
Vergleichsweise wenig erforscht ist die Frage, welche Rolle der Lebensborn e.V. in Wiesbaden gespielt hat. Als Wiesbadener Bürger, aber auch bei meinen (kunst-)historischen Recherchen bin ich hierzu immer nur auf Randnotizen gestoßen, die vor allem mit zwei Institutionen in Verbindung sehen: Dem Klinikum Bahnholz und das Schloss Freudenberg, die deshalb auch im Mittelpunkt meiner Forschung stehen sollen. Die Untersuchung wird zeigen, ob es weitere nennenswerte Einrichtungen gegeben hat, die ebenfalls mit diesem Verein in Verbindung zu bringen sind.
Der Lebensborn e.V. stand ganz im Geiste der damals verbreiteten arischen Superiorität, der Vorherrschaft der „Herrenrasse“ über andere. Mehr arische Kinder sollten in die Welt gesetzt werden, um die Rasse zu stärken. Dies wurde unter anderem im Lebensborn-Projekt durch Verschleppung von Kindern aus besetzten Gebieten, die die gewünschten Rassemerkmale aufwiesen, realisiert, aber auch unverheiratete Frauen und Mädchen, die einen Schwangerschaftsabbruch in Erwägung zogen, standen im Visier der nationalsozialistischen „Züchter“. Diese Kinder wurden in Lebensborn-Heimen unterbracht. Ein solches Heim war das Kinderheim „Taunus“ in Wiesbaden.
Die Existenz eines solchen „Lebensborn-Heimes“ in Wiesbaden begegnete mir in meinen bisherigen Recherchen beim Schloss Freudenberg sowie dem Klinikum Bahnholz. Beides Institutionen mit einer wechselhaften Geschichte, die noch nicht vollständig erforscht ist, vor allem was die Zeit der NS-Herrschaft betrifft.
Ich bin gespannt, was ich alles herausfinden kann!
Über die Stadtteil-Historiker

Stadtteil-Historiker sind ein Projekt der Wiesbaden Stiftung in Zusammenarbeit mit der Stiftung Polytechnische Gesellschaft und unterstützt durch das Kulturamt der Landeshauptstadt Wiesbaden und die Casino-Gesellschaft Wiesbaden.